Von nicht enden wollenden Jamsessions, dem Südtiroler Senkrechtstarter und dem verrückstesten Musikprojekt des Jahres – east west’s week review #54
Liebe Mitglieder, im ersten bzw. eigentlich ja letzten east west‘s week review des Jahres geht es um die längste Jam des Jahres, DEN Nachwuchskünstler des Jahres und das wohl verrückteste Musikprojekt des Jahres. Aber wie immer der Reihe nach.
Am zweiten Weihnachtstag hatten wir unsere allmonatliche Jamsession von Freitag auf Dienstag vorverlegt. Aufgrund des Besuches von außergewöhnlichen vielen Musikerinnen und Musikern haben wir bereits um 20.00 Uhr mit dem Musizieren losgelegt und dann über drei Stunden lang auch nicht mehr damit aufgehört. Jamsession-maestro Andreas Unterholzner, der diesen wunderbaren Event wieder über das gesamte Jahr vorbildlich organisiert und betreut hat (DANKE!), orchestrierte an diesem Abend über 20 Leute, die sich die Gelegenheit nicht nehmen ließen, auf unserer Bühne aufzutreten. Neben den vielen unterschiedlichen Menschen, hatten wir so auch wieder Gelegenheit allerlei verschiedene Musikgenres erleben zu dürfen. Von rein instrumentalen, jazzigen Stücken bis hin zu harten Rockklassikern war alles dabei. Unter anderem durften wir so Stücke der Red Hot Chili Peppers von einem Großteil der mittlerweile und leider aufgelösten Band Soul Radiation erleben. Wir hatten die Gelegenheit mit Simon Rainer dem vielleicht stärksten E-Gitarrenspieler des Landes zu lauschen oder Emma Störk und ihre außergewöhnlich gute Stimme zum mittlerweile zweiten Mal zu hören. Dazu kamen noch die unvergesslichen Auftritte von Aronne Dell‘Oro, Giuseppe Arena oder der großartige Nico Platter am Piano um nur einige wenige zu nennen. Die Christmas Jam ist seit Jahren schon eine Veranstaltung, die eine unglaublich positive Atmosphäre in unseren Clubräumen schafft und immer wieder unvergessliche Momente für unsere vielen Mitglieder bereithält. Der kleine Salon war natürlich wieder heillos überfüllt mit Menschen, die das bunte Treiben auf unserer Holzbühne nicht verpassen wollten. Wir möchten uns für einen weiteren magischen Abend bei all den super Musikern und tollen Menschen bedanken, die den Club Monat für Monat mit ihrer Musik mit Leben und Atmosphäre füllen.
Tags darauf hatten wir dann ein Doppelkonzert mit zwei der talentiertesten MusikerInnen des Landes geplant. Leider machte das stürmische Schneetreiben dem Ganzen einen Strich durch die Rechnung und so mussten wir auf die großartige Stimme von Waira verzichten, die aufgrund der Straßenverhältnisse den Weg nach Meran nicht schaffte. Wir werden aber auch ihr Konzert im Frühjahr definitiv nachholen. Dankenswerterweise sind dann, der eh schon anwesende Nico Platter (Cajon) und Daniele Bordato mit ihrem Straßenmusiker-Programm eingesprungen und haben für ca. eine halbe Stunde dem schon zahlreich vorhandenen Publikum eingeheizt. Danach durften wir den lang ersehnten Auftritt von Max Zischg dann aber umso mehr genießen. Der junge Meraner songwriter ist wahrscheinlich DER Senkrechtstarter am Südtiroler Musikhimmel und man darf gerade nach seinem Auftritt, wo er sich mit dem zuvor erwähnten Nico Platter, zum ersten Mal musikalische Unterstützung durch einen anderen Musiker geholt hat, mehr als nur gespannt sein, was da in Zukunft noch kommen wird. An diesem Abend hat uns Max neben seinen schon länger bekannten Songs auch einiges an neuen Liedern mitgebracht und uns für 100 Minuten einen Konzertauftritt beschert, der zwar in der Abstimmung mit Platter nicht immer zu 100% funktionierte, aber durchaus andeutete, welch‘ großartiges Potential diese jungen Musiker haben. Das außergewöhnliche Talent von Zischg ist neben seiner unglaublich guten Stimme auch die Tatsache, dass er alle seine Songs selbst schreibt und bereits jetzt schon knapp 20 Songs im Repertoir hat, die fast durchgängig mit Ohrwurmpotential ausgestattet sind. Neben den bereits bekannten und in den Südtiroler Radiostationen vielfach gespielten Songs „Need You“ und „Creature Of The Night“ sind es auch Lieder wie „Traveller Jim“, „Life On The Road“ oder „Hopes“ die erahnen lassen, dass der Weg von Max noch steil nach oben führen kann. Der Saal im Club war mit rund 70 interessierten Zuhörerinnen und Zuhörern bis auf den allerletzten Platz gefüllt und unsere Mitglieder schienen mehr als nur begeistert von den beiden Meraner Musikern und wir freuen uns, dass wir vielleicht für längere Zeit einer jener Südtiroler Orte sein durften, wo Max live und in Farbe zu sehen war. Es ist mittlerweile ja kein Geheimnis mehr, dass Max vor Kurzem einen Plattenvertrag unterschrieben hat und Ende Jänner für mehrere Wochen nach Berlin gehen wird, um dort im sehr bekannten Freudenhaus Studio sein erstes Album aufzunehmen. Neben dieser Tatsache freut uns aber auch, dass er dieses Projekt nicht alleine starten wird, sondern sich eben mit Nico Platter, Raphael Gamper und Konstanin Ladurner gleich drei weitere Musiker eingepackt hat, die man getrost als wahre ost westler bezeichnen darf und mit ihrer Musik unser Vereinslokal in den vergangenen Jahren immer wieder bespielt haben. Für uns als ost west club ist diese Tatsache ein eindrücklicher Beweis dafür, wie wichtig Auftrittsmöglichkeiten für junge, heranwachsende Musiker sind und es macht uns sehr stolz, dass sie sich nun anschicken, eine vielleicht hoffnungsvolle und professionelle Musikkarriere zu starten. Wir wünschen Max und Co. jedenfalls alles erdenklich Gute und freuen uns schon mehr von diesen vier Jungs zu hören.
Am Donnerstag waren dann die großartigen Wicked & Bonny (Paul Kofler und Markus „Maggu“ Mair) mit ihrem Robota-Dup bei uns zu Gast. Wie schon in der vergangenen Woche beim Auftritt von Dj Veloziped und Dj Sep. hatten wir unsere Raucherräume ein wenig umgeformt und es wieder geschafft eine richtig coole Underground-Atmosphäre auf den wenigen Quadratmetern zu schaffen. Wicked and Bonny haben sich in den vergangenen Monaten mehr als nur einen Namen in der internationalen Dub-Szene mit unzähligen Auftritten außerhalb des Landes machen können und schicken sich gerade an, noch bekannter zu werden. Welchen Bekanntheitsgrad die beiden Vinschger Musiker mittlerweile haben, zeigte das immense Besucheraufkommen im Club an diesem Abend. Über drei Stunden lang haben Kofler und Mair (immer wieder unterstützt von Gastmusikern wie dieses Mal z.B. Crad oder Lookino) in unseren Räumlichkeiten ein Set vom Stapel gelassen, das keine Vergleiche scheuen muss. Die beiden jungen Herren verstehen es wie kaum ein anderer die Atmosphäre im Publikum zu steuern und die Menschen andauernd in Bewegung zu versetzen. Bei Wicked and Bonny gibt es keinen Stillstand, sondern stundenlanges Tanzvergnügen pur. Dabei vergessen die beiden Musiker auch nicht, woher sie kommen und heizen dann zum Schluss ihres Auftritts auch mit klassischen und alten Reggae- und Skaliedern ein. Die beiden Schlanderser sind ein wunderbares Beispiel wie gut Szenemusik funktionieren kann, wenn sie mit einer bestimmten Ernsthaftigkeit und Professionalität unter die Leute gebracht wird. Neben der wirklich guten Setlist wissen die beiden Schlanderser aber auch mit ihren nachdenklichen Zwischenrufen zu überzeugen. Eine klare antifaschistische und antisexistische Haltung haben Wicked and Bonny von Beginn an ausgezeichnet und diese Botschaften werden auch weiterhin mit aller Vehemenz und mit dem nötigen und entsprechenden Nachdruck unter das Publikum gebracht. Nicht Nachdenken ist verboten, es geht nicht nur ums Feiern, sondern es geht immer auch um Dinge, die falsch laufen und daher von den Musikern konsequent angesprochen werden. Dies nötigt uns großen Respekt ab und hat entsprechend zur Folge, dass wir die Beiden jedes Jahr aufs Neue versuchen für Auftritte im Club zu buchen. An dieser Stelle möchten wir Maggu und Paul ein großes Lob für ihr Wirken aussprechen und ihnen weiterhin alles Gute wünschen, die Jungs haben sich den größtmöglichen Erfolg mehr als nur verdient.
Am Freitag durften wir dann wiederum Zeuge eines der spannendsten und wohl verrücktesten Musikprojekte werden, das es in den letzten Jahren in Südtirol zu hören gab. „Verrückt“ ist dabei in einer absolut positiven und als Auszeichnung gemeinten Umschreibung zu verstehen. Die dritte Ausgabe der „Underwoods MusikKitchen“ war auch dieses Mal ein voller Erfolg und war ein eindrucksvoller Beweis dafür wieviele gute Musiker unsere kleine Passerstadt in den vergangenen Jahren hervorgebracht hat. Das Projekt, das von Andreas „Underwood“ Unterholzner ins Leben gerufen wurde versteht sich als eine Art musikalische Reise, bestehend aus Neuinterpretationen von bereits bestehenden Songs oder neu geschriebenen Stücken. Eine Mischung aus Rock, Ethno, Folk und Fusion konnte dabei von unserem ungeschulten Gehör dennoch herausgefiltert werden. Beim ganze Projekt steht die Interpretation und das freie Musizieren im Vordergrund. Man weiß nie genau was einen bei diesen Abenden erwartet. Es gibt zwar eine vorgegebene Struktur und natürlich viele Probestunden um dem ganzen einen Rahmen zu geben, aber das Besondere ist dennoch die Freiheit und Interpretationsmöglichkeit, die jedem einzelnen Musiker dabei überlassen wird. Natürlich funktioniert ein solcher musikalischer Kraftakt aber nur, wenn die Künstler das entsprechende musikalische Rüstzeug mitbringen und ihr Instrument auf eine traumwandlerisch sichere Art und Weise beherrschen. Das Programm der dritten MusikKitchen setzte sich aus den selbstgeschriebenen Stücken von Underwood und Co., namentlich „Osterhasi“, „Take Me The Way I am“, „Christkindl“, „Aerial Boundaries“ zusammen und das Abschlussstück war dann eine Interpretation des Songs „Zyryab“ von Paco de Lucia. Wir werden die Tonaufnahme dann alsbald nachreichen, in der Zwischenzeit könnt ihr hier zumindest einen Teil der Facebook-Liveaufnahme hören. Der Saal im Club war auch an diesem Abend leider zu klein, um allen interessierten Mitgliedern die Möglichkeit zu geben, an diesem wunderbaren Konzert teilzunehmen, jeder erdenkliche Schlupf war mit stehenden oder sitzenden Menschen belegt. Es tut uns sehr leid, dass nicht alle Platz gefunden haben. Der Dank geht an das wunderbare Musikerquintett bestehend aus Andreas Unterholzner (Gitarre), Simon Rainer (E-Gitarre), Roberto Badoglio (Bass), Nico Platter (Piano) und Thomas Ebner (Schlagzeug).
Am Samstag, einen Tag vor dem Jahreswechsel haben wir es musikalisch dann nochmals ordentlich krachen lassen und allen Fans von guter Metal-Musik ein Doppelkonzert mit den Bands „Charthouse Collapsed“ (Freising) und „Kings Will Fall“ (Sarnthein) präsentiert. Wie zu erwarten waren viele unserer Mitglieder von den vielen Konzertabenden in den vergangenen zwei Wochen ein wenig müde geworden und haben sich dann einen Tag vor Silvester auch entsprechend ausgeruht. Aus diesem Grund war der Auftritt von CHC und KWF leider nicht ganz so gut besucht, nur rund 30 Mitglieder hatten nochmal die Kraft aufgebracht um zumindest ein wenig zu Headbangen und die Bands zu supporten. Chart House Collapsed haben uns ein etwas holpriges 45 Minuten-Set im Stile Metalcore präsentiert, das auch dadurch bedingt war, dass Gitarrist Magnus Jahnen kurzfristig ausgefallen ist. Die Band ist noch relativ jung und wird in Zukunft noch weiter an ihrem Programm und Stil feilen müssen, hat aber mit Johannes Holzinger einen durchaus ansprechenden und talenierten Sänger als Bandleader. Anschließend an den Auftritt der Bayern hatten wir dann zum ersten Mal Gelegenheit Kings Will Fall in unserem Club live zu erleben. Und der Sound der Sarner hat es mehr als nur in sich. Sie haben uns an diesem Abend ihr 2017 erschienenes Album Trash Force.One das in Eigenproduktion als EP enstanden ist, präsentiert. Der Sound der Band um Sänger Fabian Jung ist sehr gut abgestimmt und schlüssig und hat mit „Toxic War“ einen Song im Repertoire, der unserer Meinung nach der mit Abstand stärkste track ist. Der Rest der Band setzt sich mit Rene Thaler (Gitarre), Daniel Vanzo (Bass) und Lukas Gross (Schlagzeug) zusammen. Die Bandformation ist seit Gründung immer die gleiche geblieben und hat sich seit ihrem ersten Album vor etwas mehr als drei Jahren ständig musikalisch weiterentwickelt und gehören in Südtirols Metal Szene schon lange nicht mehr zu den Geheimtipps. Wir können KWF an dieser Stelle getrost weiterempfehlen, wer auf guten und sauberen Thrash-Metal steht ist bei KWF sehr gut aufgehoben.
Am Sonntag und mit dem letzten Programmpunkt des Jahres mit der new years smackdown party haben wir euch dann eine Sause präsentiert, die ihr so schnell nicht vergessen werdet. Unser Haus-Dj Melodiegarantie hat euch fast fünf Stunden lang mit oldies, goldies, evergreens versorgt und euch einen Musikhit nach dem anderen um die Ohren gehauen und euch somit einen wunderbaren Übergang ins neue Jahr bereitet.
Gerade die zwei Wochen vor und nach Weihnachten waren wieder ein weiterer eindrucksvoller Beweis dafür, wie unterschiedlich und lebendig die Südtiroler Musikkultur nach wie vor ist. Schade ist nur, dass die Clubräumlichkeiten vor allem für diese musikalischen Events mittlerweile viel zu klein sind und es nun wirklich langsam an der Zeit wäre, das Projekt Bersaglio so schnell als möglich zu realisieren. Es sollte nicht sein, dass Menschen, die unseren Mitgliedsbeitrag bezahlen keine Möglichkeit haben an Programmpunkten teilzunehmen, nur weil sie keinen Platz mehr in unseren Räumlichkeiten finden. In diesem Sinne wünschen wir uns für 2018 natürlich viele weiterer solcher unvergesslicher musikalischer Abende, aber vor allem dann auch die endgültige Zusage, dass wir alsbald mehr Menschen die Möglichkeit eröffnen können unser Musikprogramm (und natürlich nicht nur das!) hautnahe erfahren und erleben zu dürfen und euch allen weiterhin einen guten Start ins neue Jahr!
Für zwei Wochen wird es nun keinen review geben, da wir den Club bekanntlich bis Mitte Jänner geschlossen haben. Danach geht es dann wie immer bunt und abwechslungsreich weiter mit unserem Programm. Wir freuen uns euch alsbald wiederzusehen. ¡Suerte!
Ein besonderer Dank geht an dieser Stelle wie immer an Alperia für die Unterstützung.
Titelbild und Fotos im Anhang (Max Zischg in concert): Catello Nigro – Grazie!
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